Wie gut sind EU-Clouds wirklich?

 | 
27.11.2025
 | 
4 min Lesedauer
Featured Image

Europa spricht viel über digitale Souveränität. Eine häufig genannte Antwort darauf lautet: mehr europäische Cloud-Anbieter. Doch erstaunlich wenig ist darüber bekannt, wie gut diese Anbieter im praktischen Einsatz tatsächlich funktionieren.

Praxistest aus Sicht der Cloud-NutzerInnen

Wie stabil läuft die Open Telekom Cloud im Alltag? Wie gut ist die Developer Experience auf OVH? Wie verständlich dokumentiert IONOS seine Services? Und wie einfach funktioniert die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei STACKIT? Wie viel Eigenleistung muss ich bei Sovereign-Cloud-Stack-basierten Clouds zusätzlich erbringen? Genau solche Fragen sind entscheidend für Cloud-ArchitektInnen, die prüfen, ob eine Migration weg von US-Hyperscalern realistisch ist. In vielen bestehenden Benchmarks spielen sie jedoch kaum eine Rolle – dort dominieren Preislisten, Feature-Matrizen und Portfoliovergleiche.

Bei cloud ahead wollten wir schon lange wissen, wie sich europäische Clouds unter realen Bedingungen schlagen. Jetzt haben wir ein engagiertes Team zusammengestellt, das den Praxistest wagt – und herausfinden will, welcher europäische Cloud-Provider im Alltag wirklich überzeugt.

Referenzarchitektur eines Mittelständlers als Basis

Um die verschiedenen Provider fair und nachvollziehbar zu testen, werden wir auf allen Clouds die gleiche Referenzarchitektur aufbauen. Basis hierfür ist das fiktive Unternehmen "Müller Anlagenbau AG".

Es betreibt derzeit ein eigenes Rechenzentrum mit historisch gewachsenen Systemen, die zunehmend schwer wartbar sind und Innovation bremsen. Das Unternehmen plant deshalb eine schrittweise Cloud-Migration, um seine IT zu modernisieren und die Grundlage für datengetriebene Geschäftsmodelle zu schaffen. Die Cloud-Migration verfolgt zentrale Ziele:

  • Modernisierung der IT-Landschaft und Ablösung veralteter On-Premises-Systeme
  • Skalierbarkeit, Flexibilität und bessere globale Zusammenarbeit
  • Stärkung der Cybersicherheit (Zero Trust, Verschlüsselung, IAM)
  • Kostenreduktion und Rückbau des Rechenzentrums
  • Aufbau einer zentralen Datenplattform für BI, Predictive Maintenance und Machine Learning
cloudahead Referenzarchitektur Eu Cloud Test 1

Die Architektur orientiert sich an einem typischen mittelständischen Unternehmen mit Web-App, CRM, Authentifizierung und Anbindung an ein kleines On-Prem-Umfeld via VPN. Der Fokus liegt auf grundlegenden Bausteinen wie Kubernetes, Web-App, Reverse Proxy/Load Balancer, Storage, Datenbank, VPN und Monitoring — alles Komponenten, die grundsätzlich bei allen Anbietern realisierbar sein sollten.

Die Cloud-Migration ist ein strategisches Modernisierungsprojekt, das Müller Anlagenbau sowohl technologisch als auch geschäftlich zukunftsfähig machen soll.

Leitideen hinter der Referenzarchitektur

Die Anforderungen zu dieser Architektur sind bewusst einfach gehalten, um keine Cloud-Anbieter durch zu spezifische Anforderungen auszuschließen und maximale Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Folgende weiteren Annahmen liegen dem Praxis-Test zu Grunde:

  • Provider-first, dann Fallback: Zuerst wird geprüft, ob der Provider passende Services bietet. Falls nicht, kommen definierte Fallbacks wie NGINX, eigenes VPN oder Self-managed Kubernetes zum Einsatz, um Vergleichbarkeit sicherzustellen.
  • Terraform als Standardannahme: Terraform wird als Ausgangspunkt genutzt, um sichtbar zu machen, wie gut Anbieter Automatisierung unterstützen — inklusive möglicher Lücken bei Providern oder veralteten Community-Modulen.
  • Testen der Schmerzpunkte statt nur Funktionalität: Der Zweck der Referenzarchitektur ist, existierende Bruchstellen zu erkennen: fehlende Services, komplizierte Setups, mangelnde Automatisierung oder schwache Auditing-/Security-Funktionen.
  • Fokus auf Betrieb und Bequemlichkeit: Neben dem Setup sollen auch Aufwand, Maintenance, Sicherheitsmechanismen und langfristige Betriebskosten sichtbar werden, die oft unterschätzt werden.
  • Keine künstliche Portabilität: Das Ziel ist nicht, maximale Wechselfähigkeit oder Multi-Cloud-Neutralität herzustellen. Stattdessen wird untersucht, wie gut Provider reale Standardszenarien unterstützen.
  • Hybride Realität berücksichtigen: Die Architektur enthält bewusst eine Site-to-Site-VPN-Anbindung und die Integration eines lokalen (oder cloudbasierten) Active Directory, weil viele Unternehmen so arbeiten.

Die Architektur liefert somit den grundsätzlichen Rahmen für einen Erfahrungsbericht, gibt aber keine keine starren Prüfpunkte.

cloudahead Referenzarchitektur Eu Cloud Test 2
Vorgehen & Veröffentlichung

Der Praxistest erfolgt je Cloud-Provider einzeln nach folgendem Vorgehen:  

  • Zugang & Unterlagen: Das Architektenteam erhält Zugang zur Cloud-Umgebung sowie zur technischen Dokumentation des Providers.
  • Aufbau der Architektur: Die definierte Referenzarchitektur wird Schritt für Schritt beim jeweiligen Provider implementiert.
  • Analyse: Während des Aufbaus analysieren die ArchitektInnen u.a. die Dimensionen Automatisierung, Developer Experience, Security, Betrieb, Monitoring und hybride Szenarien.
  • Erfahrungsberichte: Die Ergebnisse werden in ausführlichen, öffentlichen Testberichten transparent dokumentiert.
  • Stellungnahme der Provider: Jeder Anbieter erhält die Möglichkeit, die Ergebnisse einzuordnen und darauf zu reagieren.

Im ersten Halbjahr 2026 entsteht bewusst kein klassischer Benchmark, sondern ein authentischer Praxiseinblick. Je nach Interesse der LeserInnen können weitere Inhalte basierend auf den Erkenntnissen entstehen.

Team & Expertise

Das Team ist bewusst breit zusammengestellt, damit sich individuelle Präferenzen ausgleichen.

NameRolleEcosystem-Erfahrung
David SterzSenior Cloud ArchitectAzure, AWS, STACKIT, IONOS
Felix GerdesSovereign Cloud ArchitectAzure, Delos Cloud
Marcel GockeLead Software ArchitectAWS, Azure, GCP, Hybris
Marie-Theres Niazi-ShahabiCloud Transformation ConsultantAWS, GCP, STACKIT, IONOS
Thomas SoringSenior IT ArchitectAWS, STACKIT, Google Cloud, IONOS

Wenn im Team größere Meinungsunterschiede entstehen, betrachten wir das als Mehrwert: Solche unterschiedlichen Perspektiven machen wir transparent – bei Bedarf auch in einem eigenen Artikel.

Transparenzhinweise

Das Architektenteam arbeitet nicht-kommerziell an diesem Praxis-Test mit. Die getesteten Cloud-Provider stellen technische Zugänge und Cloud Credits bereit. Das ermöglicht realistische Tests, hat aber keinen Einfluss auf die Bewertung: Alle Ergebnisse basieren ausschließlich auf tatsächlichen Erfahrungen beim Aufbau und Betrieb der Referenzarchitektur. Die Anbieter dürfen vorab fachlich Stellung nehmen, jedoch keine Inhalte verändern.

Dank an die ExpertInnen

Ein besonderer Dank gilt allen beteiligten ExpertInnen, die ihre Zeit, Erfahrung und technische Expertise freiwillig in dieses Projekt einbringen. Ohne ihren Einsatz, ihre unterschiedlichen Perspektiven und ihre Bereitschaft, Systeme wirklich auszuprobieren, ist dieser Praxistest nicht möglich.

Alle Texte, Daten und Grafiken...

...der Blogeinträge und Hintergründe dürfen passend zur Nutzungslizenz verwendet werden, auch für kommerzielle Zwecke. Als offene Dateien sind sie zu finden unter Downloads.

Unsere neusten Artikel in Ihrer Inbox.

Verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr zum Thema souveräne Cloud.

Hinweise zu dem Einsatz des Versanddienstleister Brevo, der Anmeldungsprotokollierung und zu Ihrem Widerrufsrecht erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Inhalte
Kontakt
Social
OSBA Logo