Wie verrückt ist digitale Souveränität?

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12.06.2025
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2 min Lesedauer
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„Mit Hyperscalern zu konkurrieren ist völlig verrückt“ – sagt Christian Klein von SAP. Hat er Recht?

Der Konzern-Chef argumentiert wie folgt: „Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobil- oder Chemieindustrie wird nicht dadurch erreicht, indem wir 20 verschiedene Rechenzentren hier in Frankreich errichten und versuchen, mit den US-Hyperscalern zu konkurrieren."

Ökonomen raten zur globalen Aufgabenteilung

Damit bezieht sich Klein auf das ökonomische Argument des komparativen Wettbewerbsvorteils: Wir in Europa fokussieren uns auf einige Branchen, die US-Amerikaner auf andere. Es entstehen Spezialisierungs- und Skaleneffekte sowie eine höhere Arbeitsproduktivität. Im Rahmen der Globalisierung tauschen wir die optimal günstig produzierten Güter, der Wohlstand insgesamt steigt.

An diesem Argument kann man jetzt einiges kritisieren. Etwa dass ...

digitale Güter deutlich besser skalieren als Autos, Chemie, Kosmetik und Tourismus. Sie werfen ungleich höhere Gewinne ab und erlauben damit den USA, ihren Vorsprung in den nächsten Technologie-Generationen auszubauen.

… digitale Güter an Relevanz für alle anderen Branchen gewinnen. Hyperscaler können praktisch eine Digitalsteuer erheben auf alle digitalen Transaktionen aller anderen Branchen.

Große Ideen schienen zu Beginn häufig irre

Aber sei es drum … gehen wir jetzt also davon aus, dass wir viele Verrückte hier in Europa haben, die versuchen, mit #AWS, #Microsoft und #GCP zu konkurrieren (@evroc, @ionos, @stackIT, …). Aber waren nicht alle großen Entrepreneure irgendwie verrückt?

  • Bill Gates nahm es mit der großen IBM auf
  • Netflix überrumpelte die globale Fernsehbranche
  • Skype revolutionierte die Telekommunikationsbranche
  • Apple brachte mit dem iPhone Nokia zu Fall
  • Shopify trotz seit Jahren erfolgreich dem Handelsriesen Amazon
  • Tesla blamierte mit ein paar Handy-Akkus und einer Lotuskarosserie die Autobranche

Die Linie zwischen visionär und irre – sie ist in der Digitalbranche nicht klar zu ziehen.

Klein scheint ein Jünger von Helmut Schmidt

Was mich nun wirklich traurig macht: Es gibt einen Konzern in Deutschland und Europa, für den wäre es objektiv nicht verrückt gewesen, einen globalen Hyperscaler aufzubauen: #SAP.

Hätte SAP in den 2010er Jahren einen klaren Blick auf die Entwicklung des Enterprise-Cloud-Marktes gehabt, es hätte mit deutlich weniger Investitionen als Google ($30Mrd) einen großen Teil seiner globalen Kundenbasis auf eine IaaS- und PaaS-Cloud-Platform ziehen können. Es würde jetzt, 10 Jahre später, genauso fette Gewinne abwerfen wie die US-Hyperscaler. SAP könnte jetzt auch ein paar Milliarden für ein deutsches LLM ausgeben … ohne sicher sein zu müssen, dass es sich sofort rechnet.

„Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen.“ soll Helmut Schmidt gesagt haben. Christian Klein, so scheint mir, ist diesbezüglich nicht sehr gefährdet. Aber ist visionsfreies Wirtschaften wirklich das, was wir in Deutschland gerade benötigen?

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